Gedanken von Menschen in Wallisellen zum Älterwerden und zum Alter (6/8)
Frau Neff, im Ressort «Gesellschaft», welches Sie als Gemeinderätin leiten, nimmt das Thema Alter eine wichtige Stellung ein. Nun hat die Europäische Union das Jahr 2012 zum «Jahr des aktiven Alterns und der Solidarität zwischen den Generationen» erklärt. Ist Wallisellen davon in irgendeiner Weise betroffen?
Nachdem wir in der Regel hauptsächlich über die zunehmende Alterung unserer Gesellschaft und die damit zusammenhängenden Kosten sprechen, begrüsse ich die europäische Initiative «Jahr des aktiven Alterns». Sie setzt einen andern Akzent. Denn Altern als Abbau und Verlust darf nicht das Bild beherrschen. Ältere Menschen sind heute oftmals gesünder und besser in Form als früher. Gerade die «jungen Alten» im Ruhestand denken nicht daran, sich zur Ruhe zu setzen. Sie wollen ihr reiches Erfahrungswissen und ihre Kompetenzen für die Gesellschaft einsetzen. Wallisellen trägt diesem Umstand schon seit langer Zeit Rechnung und unterstützt das aktive Altern zum Wohle des Einzelnen und der Gesellschaft. Mit einem jüngst aktualisierten Alterskonzept sind Haltung und Absichten der Gemeinde klar erkennbar und die Angebote und Dienstleistungen sichtbar.
Die EU-Initiative trifft mit drei sehr bedeutenden Altersprojekten in Wallisellen zusammen: Einerseits wird mit dem Um- und Erweiterungsbau des ASZW den neuen Entwicklungen Rechnung getragen, indem vorgesehen ist, die Pflegeplätze zu vermehren und zu ergänzen. Anderseits soll im 5. und 6. Stock des ASZW günstiger Wohnraum für ein unabhängiges Service-Wohnen bereitgestellt werden. In Ergänzung dazu will die Gemeinde den genossenschaftlichen Wohnungsbau für das Alter unterstützen.
Nicht nur beim Wohnen, auch bei den pflegerischen und nichtpflegerischen Leistungen der nicht mehr wegzudenkenden Spitex geht Wallisellen neue Wege. Es wird die Gemeindeorganisation mit jener der Gemeinden Dietlikon und Wangen-Brüttisellen zusammengeführt.
Eine vielseitige Angebotspalette, getragen von den Kirchgemeinden, einer privaten Stiftung sowie Vereinen und Freiwilligen, macht unsere Gemeinde attraktiv für ein aktives Leben im Alter.
Beim Studium der Initiative fällt auf, dass darin grosses Gewicht auf die Beschäftigung von älteren Berufsleuten gelegt wird. Wer will, soll über das Pensionierungsalter hinaus in geeigneter Weise weiterarbeiten können. Beschäftigt sich die Gemeinde mit solchen Fragen?
Selbstverständlich, die Gemeinde ist ja auch Arbeitsgeberin für fast 200 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die gezielte Förderung einer freiwilligen Verlängerung der Lebensarbeitszeit erscheint mir sinnvoll. Bereits heute ermöglicht die Gemeinde auf Wunsch und nach Beurteilung der individuellen Situation der Mitarbeitenden eine Verlängerung der Arbeitszeit über das offizielle Rentenalter hinaus.
Die europäische Initiative weist bewusst zwei Hauptpunkte auf: Neben dem aktiven Altern wird auch die Solidarität unter den Generationen angesprochen, welche gestärkt werden soll. Verbreitet ist solche Solidarität innerhalb der Familien, indem Grosseltern Enkel hüten und Kinder ihre Eltern pflegen. Hier sind jedoch noch grössere Anstrengungen erforderlich, besonders wenn die wirtschaftliche Lage ernster wird. Welche Aktionen in dieser Richtung sind von der Gemeinde Wallisellen zu erwarten?
Das Wir-Gefühl kennt keine Altersgrenze. Solidarität entwickelt sich durch ein gemeinsames Gestalten und durch das Aufeinander-Zugehen.
Beim Thema Solidarität unter Generationen denken wir primär an die Solidarität in der Familie, nicht nur bei der Betreuung der Enkel. So werden in der Schweiz zwei Drittel aller älteren pflegebedürftigen Menschen zu Hause und hauptsächlich von ihren Angehörigen gepflegt. Allerdings steigt der Anteil an alten Personen ohne Nachkommen. Da braucht es andere Netzwerke ausserhalb der Familie. Wenn ich an das Jahr der Freiwilligen 2011 denke, so existiert auch bei uns ausserfamiliäre Generationen-Solidarität, aber sie wird gesellschaftlich bisher kaum wahrgenommen. Dank einer Koordinationsgruppe mit einer Anlaufstelle und einer geplanten Jobbörse für Freiwillige will die Gemeinde die Freiwilligenarbeit noch besser unterstützen. Wir wollen die Generationenvielfalt weiterhin nutzen und stärken. Die Ideen sind vorhanden und werden laufend konkretisiert.
Interview: Robert Hofmann, Präsident der Vereinigung Aktives Alter Wallisellen